Sind E-Autos nach zwei Jahren klimafreundlicher als solche mit Kolbenmotor?
Ob Akku oder Auspuff – aufs Kraftfutter kommt’s an! Beim E-Auto ist es der Grünstrom, beim Verbrenner der synthetische Sprit. Hauptsache, die Richtung stimmt.


Kritische Reflexion: Was die Aussage „E-Autos sind nach zwei Jahren klimafreundlicher“ wirklich bedeutet
Die Debatte um die Klimabilanz von Elektrofahrzeugen wird derzeit stark von Studien und Schlagzeilen geprägt. Besonders häufig wird auf Berechnungen des International Council on Clean Transportation (ICCT) verwiesen, das Elektroautos schon nach kurzer Nutzungsdauer als deutlich klimafreundlicher einstuft. Diese Behauptung verdient jedoch eine genauere Betrachtung – denn viele dieser Ergebnisse basieren auf theoretischen Annahmen, die mit der Realität wenig zu tun haben.
1. Das Versprechen vom schnellen Klimavorteil
Laut einer neuen US-Studie (n-tv-Bericht siehe Link unten) sollen Elektroautos bereits nach ein bis zwei Jahren klimafreundlicher sein als Verbrenner. Das klingt beeindruckend – doch nur, wenn alle Voraussetzungen stimmen. In der Realität tun sie das selten.
Auch die im n-tv Beitrag genannten Annahmen beruhen ganz offenkundig auf Zahlen und Modellrechnungen von Institutionen wie dem International Council on Clean Transportation (ICCT). Diese Organisationen arbeiten häufig mit theoretischen Durchschnittswerten, idealisierten Strommixen und optimistischen Annahmen zur Batterielebensdauer. Solche Modellwelten mögen politisch nützlich sein, sagen über die reale Klimabilanz aber nur bedingt etwas aus.
2. Das unsichtbare Gewicht der Herstellung
Die Batterie ist das Herz – und zugleich der Schatten – des Elektroautos. Ihre Produktion verschlingt enorme Energiemengen, und die Rohstoffgewinnung von Lithium, Kobalt und Nickel ist ökologisch wie sozial problematisch. Diese Emissionen verschwinden nicht; sie werden nur über Jahre „abgefahren“ – sofern das Fahrzeug lange genug genutzt und mit sauberem Strom geladen wird.
3. Die Strom-Illusion
Die Studien gehen meist davon aus, dass mit grünem Strom geladen wird. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Die meisten laden zu Hause oder an öffentlichen Säulen – mit Strom aus dem ganz normalen Netz.
Und nur die wenigsten verfügen über eine eigene Photovoltaikanlage auf dem Dach!
Solange der Strommix nicht weitgehend erneuerbar ist, bleibt der angebliche Klimavorteil ein Stück Theorie.
4. Zu viele perfekte Szenarien
Viele Modellrechnungen arbeiten mit idealisierten Annahmen – hohe Recyclingquoten, lange Fahrzeuglebensdauer, saubere Lieferketten. Das ist kein Betrug, aber oft Wunschdenken. Daten ohne Kontext erzeugen leicht die Illusion von Fortschritt. Die Wirklichkeit ist komplexer und verdient eine ehrliche, differenzierte Betrachtung.
Insbesondere die vollkommen unhaltbare These vom „Zero Emission Car“, die inzwischen in vielerlei gesetzliche Verordnungen Einzug gehalten hat, verzerrt die Realität. Kein Fahrzeug ist emissionsfrei – weder in der Herstellung noch im Betrieb oder in der Entsorgung. Diese vereinfachte Formel führt zu falschen politischen Anreizen und verschleiert die tatsächlichen Umweltwirkungen der Elektromobilität.
5. Warum nur ehrliche Zahlen zählen
Solche Studien prägen politische Entscheidungen und öffentliche Wahrnehmung. Doch wenn die Grundlagen unrealistisch sind, führen sie in die Irre.
Echte Nachhaltigkeit braucht Transparenz, technologische Offenheit und den Mut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen – auch die, dass es die eine saubere Lösung nicht gibt.
6. Das Totschweigen synthetischer, klimafreundlicher Kraftstoffe
Während die öffentliche Diskussion fast ausschließlich auf batterieelektrische Antriebe fokussiert, werden klimafreundliche Alternativen für Verbrennungsmotoren kaum thematisiert. Dabei existieren sie längst: Diesel-HVO (Hydrotreated Vegetable Oil) kann den CO₂-Ausstoß gegenüber fossilem Diesel um bis zu 90 Prozent senken, und auch synthetische Otto-Kraftstoffe (E-Fuels) bieten realistische Perspektiven für eine deutliche Verbesserung der Klimabilanz von Kolbenmotoren.
Doch eine unvoreingenommene, faktenbasierte Diskussion über diese Möglichkeiten ist derzeit kaum möglich – sie ist politisch nicht gewollt und findet daher in der öffentlichen Debatte nur unzureichend statt. Damit bleibt ein wichtiger Teil möglicher Lösungen schlicht ausgeblendet.
Schlussgedanke
Technologie darf kein Glaubensbekenntnis sein, sondern muss den Menschen und dem Planeten dienen. Nachhaltigkeit ist kein Etikett, sondern eine Haltung – sie beginnt mit Ehrlichkeit über Daten, Grenzen und das, was wir noch besser machen müssen. Nur so bleibt Klimaschutz glaubwürdig und zukunftsfähig.
Natürlich sollte dabei kein Zweifel bestehen, dass dem Elektroauto langfristig gesehen die Zukunft gehört.
Das wird spätestens dann der Fall sein, wenn wir von der heutigen Batterietechnologie wegkommen – deren Herstellung, Speicherfähigkeit und Lebensdauer noch erhebliche Verbesserungen erfordern.
Erst dann kann Elektromobilität ihr volles Potenzial wirklich entfalten – zumal wir in diesen Zukunftsszenarien, für die wir noch mindestens zehn bis fünfzehn Jahre brauchen werden, endlich auch über ausreichend grünen Strom verfügen werden.

